Nachbericht World Games Chengdu (China)
Helle Großmann gewinnt Bronze – Trainer Olaf Neuenfeld holt Silber! Mit einem breiten Strahlen und einer funkelnden Medaille um den Hals kehren zwei Schneverdinger mit herausragenden Erfolgen von den World Games zurück – ein emotionales Turnier mit Höhen und Tiefen, aber einem versöhnlichen Ende für beide Teams.
Ein kurzer Rückblick: Am vergangenen Samstag starteten die deutschen Faustballnationalmannschaften in die Vorrunde der 12. World Games. Die Frauen begannen erfolgreich mit einem Sieg über Österreich, verloren am Abend jedoch ihr erstes Spiel gegen die Weltmeisterinnen aus Brasilien. Auch das Männerteam musste sich wenige Stunden zuvor den Südamerikanern geschlagen geben. Nach einer regnerischen Nacht fiel der Vorrundensonntag wortwörtlich ins Wasser, und die Teams mussten in eine eintägige Zwangspause. Doch am Montag hatten sich die Frauen noch immer nicht von der ersten Niederlage erholt und kassierten in einer eng umkämpften Partie gegen die Schweiz direkt ihre zweite. Mit dem ernüchternden dritten Platz in der Gold-Vorrundengruppe ging es für die Frauen in die Extrarunde über die Viertelfinalspiele. Die Männer überraschten währenddessen mit zwei Siegen – erst gegen die Schweiz und später gegen den Favoriten aus Österreich. Das Ergebnis: die direkte Halbfinalqualifikation der Männer.
Für die deutschen Frauen begann der entscheidende Dienstag früh mit dem „Viertelfinal-Nachsitzen“ gegen Neuseeland. Mit ihrem Starting-Five-Debüt bei diesen World Games trug die Schneverdingerin Helle Großmann maßgeblich zum ungefährdeten 3:0-Erfolg (11:4, 11:5, 11:4) der deutschen Auswahl bei. Im Halbfinale – mit Großmann wieder in ihrer Jokerrolle auf der Bank – ging es gegen die durch den Vorrundensieg leicht favorisierte Schweiz. Deutschland startete ohne Eingewöhnungszeit und zog schnell auf 5:1 davon. Die Schweiz konterte jedoch und hatte bei 6:6 ausgeglichen. Am Ende machte das deutsche Team die entscheidenden Punkte und sicherte sich Satz 1 mit 11:8. Auch im zweiten Durchgang gehörte den Vizeweltmeisterinnen die Anfangsphase, doch aus einer 4:1-Führung wurde in der Folge ein 4:6 für die Schweiz. Der Satz ging in eine heiß umkämpfte Phase, in der beide Teams punkteten. Die 9:8-Führung verspielte Deutschland ein wenig zu leichtfertig – drei Punkte in Folge brachten der Schweiz den Satzausgleich. Der dritte Satz ging nach einigen Wechseln auf den Vorderpositionen erneut an Deutschland. Die Mannschaft von Bundestrainerin Eva Krämer erspielte sich eine schnelle 5:1-Führung. Doch erneut zeigte sich die Schweiz unbeeindruckt und glich zum 8:8 aus. Das Quäntchen mehr Spielglück lag auf deutscher Seite, das mit 11:9 den Satz für sich entschied. Der durchaus mögliche Sieg glitt Deutschland dann aber im vierten und fünften Satz durch die Finger. Ein Matchball im vierten Satz bei 10:9 blieb ungenutzt, die Schweiz rettete sich in den Entscheidungsdurchgang. In diesem wechselte die Schweiz bei 6:4 die Seiten und hatte sich bei 10:5 fünf Matchbälle erspielt. Deutschland wehrte zwar alle fünf ab, konnte aber nicht mehr ausgleichen – zwei Punkte in Folge machten den Schweizer Finaleinzug perfekt. Bittere Tränen im deutschen Team, denn der Traum vom World-Games-Sieg platzte in wenigen Minuten. „Im vierten Satz hatten wir die Chance, das Ding zu machen. Dass wir den dann aber verloren haben, ist ziemlich bezeichnend für das gesamte Spiel“, fasst Jahnlerin Großmann das Spiel gefasst zusammen. „Wir haben in den entscheidenden Momenten nicht gepunktet und dann auch vermeidbare Fehler gemacht.“
Ein nicht weniger nervenaufreibendes Spiel lieferten im Anschluss die Männer im Halbfinale gegen Nachbarland Österreich. Die Starting-Five vom wechselfreudigen Olaf Neuenfeld kam gut ins Spiel. Die 6:3-Führung baute das deutsche Team bis auf 9:5 aus und nutzte direkt den ersten Satzball zum 11:7. Doch im zweiten Satz wurde es enger. Beide Teams punkteten abwechselnd bis zum 6:6. Deutschland ließ dann mehrere Chancen liegen – Österreich nutzte dies konsequent, zog auf 8:6 davon und entschied den Satz mit 11:7 für sich. Knackpunkt des Spiels war der dritte Satz. Neuenfeld hatte inzwischen das Wechselroulette angeworfen und zeitweise die komplette Mannschaft ausgetauscht. Die österreichische 7:3-Führung wurde mit einer Vier-Punkte-Serie egalisiert, bevor eine nervenaufreibende Schlussphase folgte: Satzball Österreich bei 11:10 – abgewehrt. Satzbälle Deutschland bei 12:11, 13:12 – ebenfalls abgewehrt. Beim Stand von 14:13 übernimmt ein österreichischer Abwehrspieler an der Leine Verantwortung, schlägt jedoch ins Aus – Satzgewinn Deutschland. Auch im vierten Satz startete Österreich stark (3:0, 5:2), doch Deutschland konterte zum 7:5. Österreich glich nochmals aus, doch ließ seine Chancen liegen – was das deutsche Team nutzte. Beim Stand von 10:9 verwandelte Deutschland den ersten Matchball zum 11:9. „Wir haben zwar die letzten sechs Spiele gegen Österreich gewonnen – damit war heute aber nicht zu rechnen. Wir gehen jedes Mal als Außenseiter ins Spiel und gewinnen trotzdem“, fand der Schneverdinger Neuenfeld erste Worte. Doch dann wurde der sonst so wortgewandte Bundestrainer plötzlich stiller: „Verrückt. Ich kann noch gar nicht analysieren, warum wir überhaupt gewonnen haben.“ Und das musste er auch gar nicht. Die nächste Aufgabe wartete bereits wenige Stunden später: das große World-Games-Finale gegen den haushohen Favoriten Brasilien.
Der finale Mittwoch sollte alles entscheiden: Sieg oder Niederlage – Medaille bei den Frauen: Ja oder Nein? Titel bei den Männern: Ja oder Nein? Die Antwort: klares Ja und klares Nein. Frauen – Spiel um Platz 3 gegen Österreich:
Wieder mit Großmann in der Startformation traf Deutschland auf die an den Vortagen wenig überzeugenden Österreicherinnen. Im ersten Satz fanden beide Teams nur schwer ins Spiel – viele Halbfeldbälle und Eigenfehler prägten das Bild. Dennoch ging der Satz mit 11:8 an Deutschland. Im zweiten Durchgang zog das deutsche Team das Tempo merklich an und spielte nun deutlich zielstrebiger. Österreich konnte das Tempo nicht mitgehen und musste Deutschland ziehen lassen. Mit 11:5 war der Satzgewinn ungefährdet. Das deutsche Trainergespann nutzte den dritten Satz zur Rotation – und die neuen Spielerinnen reihten sich nahtlos ein. Auch dieser Satz wurde deutlich mit 11:6 gewonnen. So nüchtern das Spiel verlief, so ausgelassen feierten die deutschen Frauen nach dem verwandelten Matchball den Gewinn der Bronzemedaille – ein starkes Ergebnis nach einem turbulenten Turnierverlauf. Mitten drin: eine freudestrahlende Helle Großmann: „Auf dieser großen Bühne spielen zu dürfen, hat auch im Spiel um Platz 3 nochmal richtig Spaß gemacht. Ich bin stolz, mit dieser Mannschaft das Turnier so erfolgreich mit Bronze abgeschlossen zu haben.“
Das Gefühl der Machtlosigkeit, das Österreich zuvor gegen die deutschen Frauen hatte, erlebte nun auch Bundestrainer Neuenfeld mit seinem Team. Brasilien übernahm von Beginn an die Kontrolle, brachte seine beiden Angreifer immer wieder in beste Positionen – und auch aus Einzelaktionen wussten die beiden Ausnahmeathleten zu überzeugen. Deutschland war im ersten Satz zwar stets in Schlagdistanz und kämpfte sich von 5:9 auf 9:10 heran, doch ein Ausball beim Satzball bedeutete das 9:11. Auch im zweiten Satz dominierte Brasilien kompromisslos. Nach einem 2:4 reagierte Deutschland mit Wechseln und Auszeit. Es entwickelten sich lange Ballwechsel, Deutschland verteidigte stark – doch der Spielaufbau blieb schwierig. Ein risikoreicher Schlag ging ins Aus, Brasilien zog auf 8:4 davon. Ein Block brachte Punkt neun, ein langer Schlag Punkt zehn – der Satz ging mit 11:5 an Brasilien. Im dritten Satz versuchte Deutschland alles – brachte eine neue Offensivoption, spielte offen, kämpfte leidenschaftlich. Doch die brasilianischen Angreifer spielten wie im Rausch. Deutschland punktete nur dank riskanter Angriffe der Gegner. Brasilien holte sich auch diesen Satz mit 11:5. Direkt nach dem Spiel zeigte sich Neuenfeld anerkennend:
„Wir hatten nicht den Hauch einer Chance. Wir haben nicht das gespielt, was wir können – und Brasilien hat es schlichtweg genutzt und uns förmlich überrollt.“ Doch der Sportsmann in ihm sprach zum Schluss mit Stolz: „Wir haben nicht Gold verloren, sondern die Silbermedaille gewonnen. Wir kehren erhobenen Hauptes nach Hause und freuen uns sehr, uns in diesem Teilnehmerfeld so behauptet zu haben.“
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